Die Sempersche Synagoge (1840 - 1938)

Architekt:  
Gottfried Semper (Professor für Baukunst an der Königlichen Kunstakademie Dresden)


Nachdem die Israelitische Religionsgemeinde zu Dresden 1838 nach langwierigen Verhandlungen mit der Regierung einen Bauplatz am früheren Gondelhafen unterhalb der Brühlschen Terrasse bzw. knapp außerhalb der alten Stadtmauer käuflich erworben hatte, wandte sich das „Comité zur Begründung einer allgemeinen Synagoge“ an Gottfried Semper (1803 – 1879), dessen ausgesprochenes Talent damals vor allem an den Entwürfen für das Hoftheater offenkundig geworden war.

Die Bauaufgabe forderte den Baumeister zu schöpferischen Tun heraus, gab es doch für Synagogen keinen normativen Bautyp. Einerseits im Ghetto, andererseits zur Anpassung gezwungen, hatten die Juden ihre Synagogen stets dem lokalen und zeitlichen Rahmen angepasst bzw. im Stil der jeweiligen Zeit gebaut.

Die 1838 bis 1840 erbaute Synagoge bot Sitzplätze für 300 Männer und 200 Frauen sowie 500 Stehplätze. Noch 1935 wurde ein Anbau mit weiteren 150 Plätzen fertig. In Anlehnung an orientalisch-byzantinischen Kuppelbauten wählte Semper einen würfelförmigen Baukörper, zugleich auch als Gegenentwurf zum christlichen Kirchenbau. Ein zentrales Oktogon bildete den Dachabschluss. Auf den beiden niedrigeren Westtürmen, die als Treppenhäuser dienten, befanden sich vergoldete Davidsterne. Im Detail finden sich romanische Formen, wie bei den Rundbogenfenstern, den Friesen und den zwerggalerieartigen Öffnungen im Mittelpolygon. 

Auch die gesamte Innenausstattung der Synagoge, die aus finanziellen Gründen in Holz ausgeführt war, geht auf einen Entwurf von Gottfried Semper zurück. Im Inneren des quadratischen Hauptbaues fand an der Ostwand der um sieben Stufen erhöhte Thoraschrein, vor ihm das Lesepult und die in die Balustrade eingeordnete Kanzel Platz. An den übrigen drei Seiten befanden sich auf zwei Etagen die Frauenemporen. Die der maurischen Kultur (Alhambra in Granada) entlehnten Motive wie Zackenbogen und Kapitellformen deuten sinnbildhaft auf das Judentum bzw. die Verschmelzung der orientalischen mit der europäischen Kultur.

Die am 5. Mai 1840 geweihte Synagoge sollte ihr 100jähriges Jubiläum nicht erleben. In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 wurde sie in Brand gesetzt. Wenige Tage später wurde die Ruine der Synagoge gesprengt und abgerissen. Mit der Zerstörung der Semperschen Synagoge in der Reichspogromnacht ist ein Gebäude verschwunden, das vorbildhaft für viele weitere Synagogenbauten wirkte und zudem der einzige jüdische Sakralbau, den Gottfried Semper jemals in seinem reichen Arbeitsleben hat errichten können.

Am 22. April 1975 wurde unmittelbar am Aufgang zur Brühlschen Terrasse eine steinerne sechsarmige Menora als Gedenkstätte eingeweiht. Die von Friedemann Döhner geschaffene Stele erinnert mit ihren sechs Armen, ähnlich wie in Yad Vashem, an die sechs Millionen ermordeten Juden.

Eine virtuelle Rekonstruktion der Semperschen Synagoge finden Sie HIER

Fotos der Semperschen Synagoge finden Sie HIER

Ein kurzer Filmausschnitt zeigt die Sprengung und den Abriss der Ruine der Semperschen Synagoge im November 1938 (Ausschnitt aus dem Lehrfilm der Technischen Nothilfe Dresden).

Quellen: 
Informationsmappe Förderverein "Bau der Synagoge Dresden" e.V.
Freundeskreis Dresdner Synagoge (Hrsg.): Die Neue Synagoge Dresden. Dresden 2003.